Autor: Lauren Oliver
Titel: Panic – Wer Angst hat, ist raus
Übersetzer: Katharina Diestelmeier
Verlag: Carlsen
Erscheinungsdatum: 21. November 2014
Seitenzahl: 368
Originaltitel: Panic
ISBN-10: 3551583293
ISBN-13: 978-3551583291
Rezension:
In „Panic“ von Lauren Oliver dreht sich alles um ein Spiel. Ein gefährliches und unwiderruflich alles veränderndes Spiel. Es verbindet und trennt die Absolventen der Abschlussklasse der Highschool eines kleinen Ortes im Bundesstaat New York. Den einzelnen Spieler erwartet ein halbes Dutzend Mutproben und eine individuelle Herausforderung, bei der man sich seiner größten Angst stellen muss. Zwei unabhängige Punkterichter entwerfen diese und sorgen für Chancengleichheit. Doch es sind keine gewöhnlichen Mutproben, es sind Prüfungen auf Leben und Tod, ohne doppelten Boden und Sicherungsnetz.
Heather war seit jeher klar, dass sie niemals spielen würde. Aber manchmal wendet sich das Blatt (des Lebens) und es bedarf lediglich der ‘richtigen‘ Motivation, um seine bisherige Entscheidung zu überdenken. Wohingegen Dodge, ein weiterer Mitschüler, schon immer spielen wollte, allerdings aus den ‘falschen‘ Gründen. Natalie, Heathers beste Freundin und selbsternannter Angsthase, nimmt ebenfalls teil. Unterstützt werden die zwei jungen Frauen dabei von ihrem besten Freund Bishop, der vermeintlich unbeteiligt ist.
Dem Gewinner winkt eine fünfstellige Dollarsumme, zusammengestellt nach einem Prinzip, in dem jeder Schüler der letzten Jahrgangsstufe jeden Tag einen Dollar in den Gewinntopf einzahlt. Die Regeln wirken einfach, da es nur die der eigenen Grenzen und der seiner Mitmenschen zu geben scheint, doch nichts ist berechenbar und am Ende liegt das Schicksal eines jeden immer in seiner eigenen Hand.
So ausnahmslos begeistert ich von den bisherigen Büchern von Lauren Oliver war, sowohl was die Dystopien, als auch Jugenderzählungen (wie beispielsweise „Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie“) betrifft, so enttäuscht bin ich von diesem Werk. Dabei ist das eigentliche Für und Wieder des Textes schwer zu fassen.
Denn der Roman wird zwar nicht von der emotionalen Tiefe einzelner Charaktere, dafür aber durch den permanenten Spannungsbogen der Spielhandlung, sowie dem einzigartigen Schreibstil der Autorin getragen. Letzterer sorgt mit einem direkten, Umgangssprache nutzenden Ausdruck dafür, dass die jeweiligen Dialoge und Kapitel authentischer erscheinen, wobei das narrative Augenmerk des allwissenden Erzählers auf Heather, als auch Dodge gerichtet wird. Zudem illustriert die Art des Schreibens ebenso wunderbar die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, von den Privilegien der ‘Oberen’, über die arbeitende Mittelschicht bis hin zum verarmten Rand der Bevölkerung und deren Gefüge. Dem Leser wird gleichermaßen lebensnah eine amerikanische Kleinstadtatmosphäre transportiert, was zweifelsfrei eine weitere Stärke Lauren Olivers darstellt und ihr Talent als Schriftstellerin bestätigt.
Generell ist die, sich gewohnt flüssig zu lesende, Geschichte von jugendlichem Leichtsinn, Übermut und dem großen Unsterblichkeitsgefühl dieser besonderen Jahre im Lebens eines fast jedem Menschen gefärbt. Das Risikoverhalten und die oft mangelnde Auseinandersetzungsfähigkeit mit Gefahrensituationen stehen im Mittelpunkt des Spiels. – Gleich ob aufgrund der Identitätsfindung oder Festigung der sozialen Rolle, wird zumindest bei einigen Teilnehmern effektiv der Prozess der inneren Fokussierung und ‘pubertären’ Blindheit für Außenstehende (beispielsweise auch außerhalb ihres Freundes,- oder Familienkreises) veranschaulicht und aufgegriffen. Erst durch die Mutproben entsteht eine langsame Wahrnehmungsveränderung.
Ich glaube, dass sich dadurch vor allem Jugendliche gut in die Szenerie hineinversetzen können und vielfältige Projektionsflächen für sich selbst finden, auch wenn alle Beteiligten von Panic im Buch bereits volljährig sind. In gleicher Weise überzeugt einen die Grundidee und die Moral, obwohl beides einen konsequenteren Ausbau bedurft hätte.
Womit man bei den zu benennenden Schwächen der Lektüre angelangt wäre. Leider fehlt nämlich der Raum für die Figurenentwicklungen: Hundert zusätzliche Seiten hätten der Erzählung hier wahrscheinlich mehr Greifbarkeit und Glaubwürdigkeit verliehen. Gerade die angedeuteten Liebesbeziehungen und deren Verstrickungen wirken sehr gezwungen, sowie konstruiert. Auch werden die Hintergründe der einzelnen Teilnehmer immer nur kurz angerissen, was zwar der Spannung, aber eben nicht den Protagonisten zuträglich ist.
Ferner spiegeln sich einfach zu viele, schon in anderen Young-Aduld-Abhandlungen besser verarbeitete Elemente wieder. Vielleicht bin ich mit 27 Jahren mittlerweile auch einfach zu alt für dieses Genre oder zu anspruchsvoll. Wie bereits eingangs erklärt, lässt sich das Buch schwer in seine gelungenen und weniger attraktiven Aspekte gliedern. Es bleibt bis zum Schluss ambivalent und genau der Beigeschmack dieses durchwachsenen Gefühls prägt auch meine Meinungsfindung.
Für jüngere Leser dürfte der Roman nichtsdestotrotz spannend und gewiss empfehlenswert sein.
Der Buch-Trailer:
Wertung: 4/7 Schreibfedern
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