Kurzinhalt:
Der britische Forscher für magische Tierwesen, Newt Scamander, kommt mit einem Schiff in den Zwanzigern des zwanzigsten Jahrhunderts in New York an und stolpert regelrecht in ein Abenteuer nach dem anderen. Auf seinem Weg lernt er die beiden Hexenschwestern Tina und Queenie, sowie den No-Majs (Europäer würden Muggel sagen) Jacob kennen, mit denen er zunächst seine teilweise entwichenen, tierischen Gefährten wieder einfangen muss, nur um sich dann gegen die Machenschaften aus dem MACUSA, dem Amerikanischen Zaubererkongress, zu stellen müssen. So stürzt ein dunkles Wesen den Big Apple in Chaos und Newts ursprüngliches Reisevorhaben scheint auch kein Leichtes zu sein.
Mein Eindruck:
[Achtung: Spoiler-Gefahr!]
Wenn ich ehrlich bin, muss ich gestehen, dass ich nicht allzu hohe Erwartungen an den Film hatte, nichtsdestotrotz aber unter keinen Umständen die Vorpremiere des neuen Abenteuers aus der Harry Potter Welt verpassen wollte. Und ich muss sagen, es hat sich gelohnt, mehr sogar, ich war überrascht und umso begeisterter von dem Werk.
Weshalb (Möchtegern-)Fans, die nach dem Theaterstück vorgeblich auf alten Werten beharren und den Film boykottieren für mich unverständlich sind, denn dieser ist unglaublich liebevoll gestaltet, kreativ animiert, gibt visuell gewohnt beeindruckende Bilder wieder und erzeugt das Gefühl, ein Stück weit zurück nach Hogwarts zu kommen, aber auf eine ganz neue Art. Man erkennt Joanne Rowlings Handschrift in vielen Details und Szenen, welche außerdem von einer umwerfenden Musik untermalt werden. Ein Kompliment an James Newton Howard, dessen New York Theme an die bekannte Southampton-Melodie eines anderen Komponisten erinnert.
Was die Schauspieler betrifft, so finde ich diese beinahe ausnahmslos gut besetzt und in den jeweilig angedachten Charakteren glaubwürdig. Die einzige Ausnahme bildet und bleibt, wie sich bereits aus den Diskussionen vor Filmstart erahnen ließ, leider Johnny Depp. Seinen Part empfand ich tatsächlich als wenig treffend, da Gellert in meiner Vorstellungswelt für mich einfach immer das nordisch-unterkühlt-höflich-distanziert-intelligente mit einem Hauch Wahnsinn verkörpern wird und bis auf die Prise Wahnsinn, sah man Depp auch optisch diese Eigenschaften nicht an. Offen gestanden war dafür sein Auftritt auch zu kurz. Colin Farrell hingegen hat den Charakter, welcher Grindelwald als Tarnung diente, gut gemimt. Daher muss man für einen tieferen Blick hinter die ‘Kulissen’ und eine genauere Analyse vermutlich auf mehr Bildmaterial aus den Fortsetzungen warten.
Dafür ist die Figur des Newt aber umso gelungener, gerade in seiner leicht autistischen Darstellung,die ich mit der Kernbotschaft, allen Wesen (ob menschlicher oder tierischer Natur) den gleichen Respekt zu zollen beziehungsweise den Menschen als einzigen Feind der Natur zu zeichnen, nur unterstützen kann. Grundsätzlich finde ich positiv, wie die Buchvorlage verarbeitet und als Anstoß für diese Handlung genutzt wurde.
Im Bezug auf die filmographischen Höhepunkte des Werks, findet sich eine meiner Lieblingsszenen im Central Park wieder. Auf der Suche nach dem ausgebrochenen Erumpent ergattert nämlich ein ebenfalls aus seinem Gehege des lokalen Zoos entwischter Affe Scamanders Zauberstab und lässt sich von Newt auch mit einem Ersatzstock nicht davon überzeugen, ihn wieder herauszugeben, bis, tja bis der Pavian mit dem Stab deutlich auf den Boden klopft und sich somit mehrere Meter weit weg katapultiert. Offenbar scheinen Zauberstäbe auch auf unsere Verwandten, also den Primaten, zu reagieren, faszinierend!
Und natürlich hat sich ein magisches Geschöpf ganz besonders in mein Herz geschlichen oder es vielmehr gestohlen. Richtig, der Niffler. Aber was gibt es bitte auch knuffigeres, als dieses Schnabeltier-Maulwurfartige Wesen, bei dem man zumindest immer weiß, wo sich das eigene Kleingeld früher oder später wieder finden lässt.
Persönlich habe ich den Film in 2D gesehen, weil ich auch kein großer Anhänger der 3D Technik bin und glaube, dass der Film davon auch nicht unbedingt profitiert, da dieser bereits in 2D völlig überzeugend ist, doch Fans kommen sicher in beiden Varianten auf ihre Kosten.
Vermutlich wird das sogar einer der ganz wenigen Streifen, oder vielleicht der Einzige, sein, für die ich mehr als einmal ins Kino gehen werde, denn das Schauspiel spricht, ebenso wie die Geschichte, einfach für sich und der Film ist ein schöner Auftakt für weitere Reisen mit dem Verfechter für die Anerkennung magischer Geschöpfe.
Wenn ich fernab von all dem einen Blick in die Zukunft wage, glaube ich auch zu wissen, worauf der (vor)letzte Teil der Filmreihe schlussendlich hinaus laufen wird.
Die Einführung der Obscurii – schwarze und tödliche parasitäre Wesen, die aus der Unterdrückung der Magie von mit Zauberkräften begabten Kindern entstehen – , Grindelwalds Interesse daran und der zeitliche Zusammenhang deuten auf das Begründen zweier in der Harry-Potter-Hauptserie vereinigter Erzählstränge hin.
Zum einen ist die Handlungszeit des ersten Teils (November 1926, laut Craig Stuart, Produktionsdesigner – das Pendant des amerikanischen „Tagespropheten“ führt allerdings in der Anfangssequenz das Jahr 1928 an, wenn ich mich nicht irre) bemerkenswert dicht an Tom Riddles Geburt, den 31.12.1926, angesiedelt und die Schlussszene des Films, könnte – wenn man in Betracht zieht, dass Jo hier eventuell das Konzept der Seelenwanderung aufgegriffen hat – einen Quell für einen etwaigen „magischen Befall“ der Seele von Merope Gaunts Kind darstellen. Zumal es Newt im Sudan schließlich gelungen war, den Wirt vom Parasit zu trennen und den Obscuro / Obscurus zu separieren. Wer sagt, dass diese nicht einen neuen Wirt finden können und somit die Magie weitergeben? (Die optisch durchaus vorhandene Ähnlichkeit von Credence und dem jungen Tom sei erst einmal außer Acht gelassen.)
Andererseits finden sich Hinweise und Anspielungen, die sehr gut zu dem wenigen, dass aus Ariana Dumbledores Leben bekannt ist, passen. Ein Obscurus tötet im Film eine der Nebenfiguren, von Ariana weiß man wiederum, dass diese seit ihrer Kindheit versteckt wurde, ihre Kräfte unterdrückte und später ihre Mutter Kendra in einer „Explosion von Magie“ tötete. Ariana hingegen starb im dem finalen Duell zwischen Albus, Gellert, sowie Aberforth, bei dem man bis heute nicht weiß, wer für den Tod der zwischen die Fronten geratenen Ariana (oder der gewaltigen Obscurii [denn desto älter der „Proband“, umso stärker, mächtiger und größer sind die Ausmaße des Parasiten], an dieser Stelle setzt nämlich meine Theorie ein) verantwortlich ist.
Was, wenn Gellert erst durch Ariana bzw. Albus’ Freundschaft auf die Idee kam, Obscurii für seine Zwecke zu gewinnen und zu missbrauchen? Beziehungsweise allgemein durch Arianas Schicksal die Idee des Aufbegehren, des der Zauberergemeinschaft-sich-endlich-über-die-Muggel-hinwegsetztens gewann oder zumindest dieses Schicksal als Vorwand für seine Ideologien und Manipulationen verwendete. Was, wenn der Disput zwischen Albus und Gellert dadurch begann, dass Ersterer nicht seine Schwester für das große Ganze opfern wollte?
Muggel,- und Zaubereiministerien arbeiteten zu diesem Zeitpunkt der magisch-historischen Geschichte noch nicht zusammen und auch war noch keine Feder bekannt, welche die Namen von magische begabten Kinder auf einer Liste verzeichnete, weder in Großbritannien, noch den USA. Daher gab es noch Verfolgung von Zauberern und das strengere Gesetzt zum Schutz der Geheimhaltung dergleichen. Nach Grindelwalds Niederlage und Inhaftierung, ist jedoch belegt, dass sich dieses Bild allmählich wandelte. Die Ministerien arbeiteten miteinander, Muggel und Zauberer verschrieben sich gleichermaßen dem Schutz der Geheimhaltung der magischen Welt und Kinder, wie Erwachsene, brauchten nicht mehr fürchten gesteinigt, ausgeschlossen oder anderweitig verfolgt zu werden.
Zumal alle „magischen Geburten“ von nun an von einer Feder (ist auf Pottermore eigentlich schon einmal mehr darüber bekannt geworden?) festgehalten und im Zaubereisministerium registriert wurden, wodurch jeder seine Magie im Rahmen der Gesetzte ausleben durfte. Ich vermute, dass die letzten beiden Teile der Filmreihe all dies thematisieren werden, vielleicht sogar, dass Newt auf ein Wesen trifft, das diese Feder spendet. Denn schließlich wissen wir dass die Obscurii sogar ganz in Vergessenheit gerieten und zu Harrys Schulzeit kein Thema mehr darstellten. Natürlich kann man hier argumentieren, dass Jo das alles nachträglich konstruiert hat, wovon ich im Übrigen ebenfalls ausgehe, und die Obscurii deshalb in Harrys Zeit nicht präsent sind, aber selbst wenn dies so wäre, hätte JKR mit der Idee dieser Parasiten eine für mich ebenso kontinuierliche, wie auch schön eingebundene Erklärung zu der Geschichte der magischen Welt geschaffen.
Ob diese Spekulation(en) nun tatsächlich zutreffend sind oder mehr mit einem Kaffeesatz, wie auch den Trelawneys Wahrsagestunden, gemein haben, mag offen bleiben – nichtsdestotrotz oder gerade deshalb hat der Film jedoch etwas viel wichtigeres wieder neu aufleben lassen: das Theoretisieren über Fortsetzungen und vielschichtige Gedanken aus Mrs. Rowlings Feder. Ein Gefühl, welches jedem Buchliebhaber nur allzu vertraut sein dürfte und das man über die Jahre nur selten gefunden und vielleicht sogar schmerzlich vermisst hat, nun aber vielleicht von neuen und alten Kinogängern (wieder) entdeckt wird.
Mein Fazit: Ein Muss für alle, gleichermaßen kleine, wie große, neugewonnene, sowie alteingesessene, No Majs!
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