Neben der Liebe zur Literatur gilt eine weitere meiner Passionen dem Reisen. Wem es genauso geht und wer beides gerne miteinander verbindet, aber von dem Schweifen in die Ferne den Blick auch einmal auf Nahegelegenes richten möchte, dem lassen sich – sofern man in die beschauliche Theaterstadt Meiningen (Südthüringen) findet – drei Buchheime ans Herzen legen, bei denen sich ein Besuch immer lohnt.
Zum einen die Buchhandlung Lohmann. Wenn man nämlich mit wachen Augen durch die Fußgängerzone Meiningens geht, öffnet sich einem in der Innenstadt ein Schaufenster in eine andere Welt. Denn nicht nur zu den unterschiedlichen Jahreszeiten empfängt einem diese Buchhandlung mit einer stets detailreich dekorierten Front, sondern man erahnt auch sofort an der tollen Gestaltung, welche Art der Bücherliebe von Constanze Schmidt und ihren Kolleginnen von dieser Buchhandlung ausgeht. Egal ob schmucke Lese-Eulen, Frühlingsdekore oder nur ein Hinweis auf die nächste Leseveranstaltung, man fühlt sich immer herzlichen eingeladen.
Gegründet wurde das Geschäft bereits am 15. Januar 1932 durch Lilly Lohmann und ihrer damals 18-jährigen Tochter Anneliese. Was einst als Leihbücherei begann, sollte schon ein Jahr darauf mit dem Start von Buchverkäufen zu etwas Besonderem avancieren.
Denn selbst Kriegs- und Brandschäden wurden überstanden und mehreren Umzügen zum trotz blieb die Buchhandlung fester Bestandteil der Stadt. Nach dem Tod der Gründerin übernahm beispielsweise Ende der 60er Jahre Lilly Lohmanns Tochter, Anneliese Weida, das Geschäft, welches von 1971 bis zum 30. April 1990 Kommissionsbuchhandlung des Volksbuchhandels der DDR war. In den Siebzigern wiederum wurde der Staffelstab traditionell an Weidas Tochter, Heiderose Schulz, weitergereicht. Nach erneut mehreren demografisch geschuldeten Standortwechseln war das Geschäft am 29. Juni 1991 schließlich dort, wo es noch heute zu finden ist: In der Georgstraße/Ecke Ludwig-Chronegk-Straße.
Die Familiengeschichte endete zwar 2004 mit der Übernahme der Buchhandlung von Maria Hermann, die das Geschäft schlussendlich zum 13. Februar 2007 an die dort über ein Jahrzehnt Langzeitbeschäftigte Constance Schmidt, verkaufte – doch die Chronik der starken Frauen wurde weiter erzählt und fort geführt.
Das Büchersortiment vor Ort reicht von Regionalem über Neuerscheinungen bis hin weniger bekannten Autorenperlen. Somit ist für jeden Bibliophilen immer die passende Lektüre zu finden. Außerdem überzeugt die Buchhandlung durch Leserfreundlichkeit und einer entspannten Atmosphäre, in der man gemütlich das Bücherangebot studieren kann (auch online im Blog). – Lohmann ist auf jeden Fall ein tolles Beispiel dafür, dass der stationäre Buchhandel lebt, (auf)blühen kann und soll, gefördert werden muss und lokale Buchhandlungen noch immer ein unerschöpflicher Bücherquell sind.
Anderseits lädt ebenso die Stadt- und Kreisbibliothek Anna Seghers zu einer Stippvisite ein. Auf mehreren Etagen lassen sich Klassiker, ebenso wie Neuerscheinungen und eine gute Auswahl an Hörbüchern wie anderen Medien finden.
Für die kleinen Gäste gibt es nicht nur einen separaten Kinderbibliotheks-Bereich, der von dem Künstler Sven Magnus fantasievoll gestaltet wurde – zum Beispiel prangt der Drache KiBi stolz über seiner ‘Lesehöhle’, sondern auch Vorschüler der örtlichen Kindertagesstätten haben die Möglichkeit einen Bibliotheksführerschein, kurz den KiBi-Pass, zu machen. Ein Projekt, bei dem die Kinder den spielerischen Umgang mit Büchern, aber genauso die Schönheit wie Vielfalt des Bibliothekswesens entdecken. So verliert man nicht die Hoffnung, dass künftige Bücherwürmer schon in jungen Jahren zarte Bande zur Literatur knüpfen. Auch der Lesehof im Außenbereich lädt bei schönem Wetter zum Schmökern ein.
Außerdem schlüpft Mitarbeiterin Silvia Prüfer immer wieder in die Rolle der Märchenerzählerin Frau Holle und verzaubert zusammen mit Cornelia Schmädicke, gelernte „Storytellerin“, sowie ihren neuen Geschichtenadaptionen kleine und große Zuhörer. Generell gibt es immer kreative und vielfältige Mitmach-Angebote für alle Interessenten jeden Alters. Zum Beispiel den Europa-Buchpreis, den die Lesejury der „Anna Seghers“ Stadt- und Kreisbibliothek in Kooperation mit der französischen Mediathéque de l’Europe aus Bussy-Saint-Georges und der Radcliffe-on-Trent Library in Großbritannien, jährlich verleihen. Daher kann man nicht nur während der Frühlings- wie Herbstlese, zu denen sich viele Autoren in den Bibliotheks-Räumlichkeiten einfinden, tolle Veranstaltungen erwarten.
Der Rokoko-Lesesaal ist indes das Prunkstück der 1905 gegründeten Bibliothek. Zurückführen lässt sich die Geschichte des Hauses allerdings bereits auf das achtzehnte Jahrhundert. Denn 1782 gab Herzog Georg I von Sachsen-Meiningen die Bibliothek erstmals für die Öffentlichkeit frei. So entwickelte sich die Herzoglich Öffentliche Bibliothek zur Volks, – später durch einen Zusammenschluss zur Landesbücherei Thüringen, bevor sie schließlich zu dem wurde was sie noch bis heute ist: Die Stadt- und Kreisbibliothek. Nach den Wirren des zweiten Weltkriegs zog sie 1949 zudem vom Schloss Elisabethenburg dort hin, wo man sie noch heute findet. Nämlich in die Ernestinerstraße, auch wenn sie in den 80er Jahren zwischenzeitlich für Sanierungs- und Umbaumaßnahmen anderweitig Unterschlupf suchen musste. 1974 erhielt die Bibliothek den Namen der berühmten Schriftstellerin Anna Seghers und seit je war nicht nur der Bestand stets im Wandel, sondern gehörten natürlich ebenso Neuerungen wie die aktuelle Online-Ausleihe oder der Multi-Media-Bereich, zur Erweiterung des Inventars dazu.
Doch auch Außen hält das Haus in der Weihnachtszeit eine schöne Überraschung für alle Winterbegeisterten bereit. Da die Bibliothek an ihrer Front 24 Tür- und Fensteröffnungen zählt, verwandelt sich das Gebäude zur besinnlichen Adventszeit nämlich in einen bezaubernden Weihnachtskalender. Seit der Jahrtausendwende öffnet „Frau Holle“ also jeden Tag, vom 01. bis 24. Dezember eines Jahres, ein Fenster und wartet mit einer besonderen Erzählung oder einer kleinen Überraschung auf. Somit dürfte jeder etwas Besonderes an diesem Platz finden und gewiss glücklich werden.
Der Dritte im Bunde ist das Literaturmuseum Baumbachhaus.
Der fränkische Fachwerkbau, der sich auf das Jahr 1738 zurückführen lässt und seit 1924 als Museums genutzt wird, widmet sich den verschiedenen Schriftstellern vergangener Tage. Neben dem Wohnzimmer des Dichters Rudolf Baumbach und dessen Privatbibliothek, finden sich auch allerlei andere bibliophile Kostbarkeiten, wie Literatur aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Auch Gedenk der Literaten Jean Paul und des Märchenerzählers Ludwig Bechstein lässt sich viel Vergangenes im heutigen Museum entdecken. So sind ihre Ausstellungsräume beispielsweise mit zeitgenössischen Gegenständen ausgestattet.
Ferner erhielten Friedrich Schiller und seine Schwester Christophine Reinwald, die dem Meininger Hofbibliothekar heiratete, ebenfalls ein separates Zimmer. Liebevolle Details bestimmen hier das Arrangement, so dass ein jeder Bücherwurm einen spannenden Einblick in die Vergangenheit der Literatur und ihrer prägenden Persönlichkeiten erhält.
Insgesamt sind diese Buchheime natürlich keine Buchhandelsweltreise, aber auch eine Reise zur Buchhandlung des Vertrauens, der Bibliothek um die Ecke oder einen kleinem Museum ist und bleibt immer ein lohnendes Ziel!
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