Whisper Island – Sturmwarnung (Elizabeth George)

(c) Hanna Hörl Designbüro, München; plainpicture / Folio Images; shutterstock / NinaMalyna

Autor: Elizabeth George
Titel: Whisper Island
Verlag: INK Egmont (Hardcover – 1. Auflage)
Erscheinungsdatum: 04. November 2011
Seitenzahl: 448
Originaltitel: The Edge of Nowhere
ISBN-10: 3863960017
ISBN-13: 978-3863960018

Rezension:

Die Debüt-Jugendromanserie „Whisper Island“ von Elizabeth George, dessen Titel eine Anspielung auf das wispernde Windrauschen in den Wäldern der realen Insel ‘Whidbey’ darstellt, handelt von der vierzehn jährigen Hannah Armstrong, die zu Beginn der Geschichte zusammen mit ihrer Mutter Laurel und ihrem Stiefvater Jeff Corrie im kalifornischen San Diego wohnt. Die Protagonistin ist eine normale Jugendliche, klassisch umschrieben durch beispielsweise die Mutter-Tochter-Konflikte über Themen wie Figur und Essen, welche jedoch durch eine ganz besondere Fähigkeit hervor sticht: als angeborene Gabe, denn über dieses Talent verfügte bereits ihre mittlerweile verstorbene mütterliche Großmutter, vermag Hannah die Gedanken anderer Menschen in ihrem Umfeld wortwörtlich zu hören. Vor der gleichzeitig auftretenden Belastung einer gedanklichen Überforderung, die mit diesem ‘Geschenk’ einhergeht, weiß sich Hannah jedoch mit der AUD-Box, einem iPod-artigem Gerät, welches „weißes Rauschen“ erzeugt und abspielt, effektiv zu schützen. Ein Schutz den sie bisher nur innerhalb ihrer Familie fand und welcher nun in Gefahr gerät, da ihr Stiefvater Jeff ihre Fähigkeiten alsbald für seine eigenen Geschäfte ausnutzt und dies den Auftakt für eine ereignisreiche Flucht unter gefälschten Namen des Mutter-Tochter-Gespanns in den Bundesstaat Washington bildet.

So erlebt man, wie aus Hannah schließlich Rebecca „Becca“ Dolores King wird.

Allerdings sieht der überstürzte Fluchtplan vor, dass sich die beiden Frauen am Fähranleger für die Überfahrt nach Whidbey Island voneinander trennen und sie erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder zusammenfinden sollten, weshalb sich Laurel schweren Herzens von ihrer Tochter mit dem Auftrag eine alte Vertraute auf der Insel als eingeweihte Kontaktperson aufzusuchen, verabschiedet. In dem scheinbar sicheren Abenteuer angekommen, macht Becca gleich Bekanntschaft mit einigen ortsansässigen Jugendlichen, weshalb auch der Leser die ungefähr gleichaltrige Jenn, Dylan und den aus der Menge einem ins Auge fallenden, schwarzen Derek kennen lernt.
Auf Whidbey Island eingetroffen kämpft sich die eher unsportliche Becca fortan auf ihrem Fahrrad die Straßen der hügeligen bis bergigen Insel entlang. Erst am späteren Nachmittag begegnet ihr im Verlauf der Handlung und durch einen Wink des Schicksals, Diana, welche nicht nur durch ihre freundliche Orientierungs,- und auch Mitnahmehilfe gegenüber der Jugendlichen, sondern auch durch die irritierende Tatsache, dass Becca bei ihr keine Gedanken wahrnehmen kann, einen bleibenden Eindruck hinterlässt.

Erschöpft erreicht Becca das Haus ihrer Kontaktperson, nur um feststellen zu müssen, dass die Mitwisserin während Beccas Fährüberfahrt an einem Herzinfarkt verstorben ist und dass ihr Ehemann nicht in die Angelegenheit eingeweiht wurde. Gestrandet und ohne eine Verbindung zu ihrer Mutter herstellen zu können, findet die verzweifelte Hauptfigur also heimlich Unterschlupf in der Hundehütte auf Dianas Anwesen, zu dem sie sich zuvor stahl.

In dem Wissen dort nicht immer nächtigen zu können, begegnet Becca am nächsten Morgen vor dem noch geschlossenen Lebensmittelladen in der Nachbarschaft dem jugendlichen Ladenangestellten Seth Darrow, der ihre Not mit einer kleinen Essensspende lindert. Auch vermittelt Seth ihr den Kontakt zu Debbie Grieder, einer engagierten älteren Dame im Kampf gegen Drogen und Alkohol, die Becca, wenngleich diese ihr gegenüber zunächst den Verdacht einer Ausreißerin hegt, sofort unter ihre Fittiche nimmt und sie als vor Ort wohnende Haushaltshilfe im eigenen Motel, sowie als Babysitterin für ihre Enkel Josh und Chloe beherbergt. Gleichermaßen ebnet sie trotz des lückenhaften Lebenslaufes Becca den Weg für eine Anmeldung an der lokalen Highschool.

Froh über die glückliche Wendung der Ereignisse trotz der zuvor aussichtslosen Situation, trifft die Heranwachsende an dem ersten Schultag erneut auf Derek Mathieson, dem Adoptivsohn des Sheriffs, bei dem sie noch nie wahrgenommene Emotionsvibrationen fühlt. Auch Jenn taucht in ihrer Klasse auf, welche gleich ihre schon zuvor absehbare Feindschaft zu der neuen Klassenkameradin, bekräftigt. In Begleitung von Derek oder Seth fasst Becca jedoch nach und nach Vertrauen, so dass sie das soziale Umfeld der Highschool und der ihres neuen Wohnortes auf Zeit erkunden kann. Eines Tages fährt sie daher mit ihrem platonischen Freund Seth in ein Waldgebiet, um dessen jungen Labrador „Gus“ zu trainieren, als sich jedoch der Hund losreißt und das Buch den ersten Klmiax einläutet. Beide gehen nämlich getrennt das Tier suchen, wobei Becca während ihrer Irrung im Dickicht wieder der mysteriösen Diana, ebenfalls augenscheinlich dabei, ihre Hunde auszuführen, begegnet. Kurz darauf findet sie am Fuß eines Hangs den offenbar gestürzten und schwer verletzten Derek – Gus direkt daneben, woraufhin Becca geistesgegenwärtig und doch für sie persönlich und ihre Tarnung wiederum gefährlich den Notruf wählt und den Vorfall meldet. Als der Rettungsdienst und die Polizei eintreffen, tauchen etliche Personen auf: neben Seth, der Protagonistin und Diana geraten auch noch die als „Kiffer“ bekannten Jugendlichen um Dylan, Jenn und die etwas ältere Highschool-Schülerin Hayley ins Blickfeld. Gerade noch rechtzeitig gelingt es Becca sich einer polizeilichen Befragung zu entziehen und versteckt dabei das für das Alarmieren benutzte Handy und einziges Kommunikationsmittel zu ihrer Mutter, im Schatten eines Wegweisers.

Nun gänzlich auf sich alleine gestellt, taucht die junge Hauptfigur während der weiteren Handlung, aufgrund ihres nun schon längeren längeren Aufenthaltes auf Whidbey Island immer weiter in die Lebensgeschichten der einzelnen Menschen in ihrer Nähe ein, was natürlich auch ein für sie unvermeidlicher Nebeneffekt auf der Suche nach der Aufklärung den zu Dereks – der im Koma liegt – Verletzung führenden Geschehnissen darstellt.

Sie stößt zum Beispiel auf biografische Hintergründe zu Debbie Grieder und Jenns Familie, wobei sie die Hilfe von Diana, die derweil mitbekommen hat, dass Becca Gedanken hören kann, ebenfalls nicht aus schlägt. Außerdem vermag Seth einige sich neu ergebende Probleme in seinem Leben zu lösen, insbesondere besinnt er sich auf seine Qualitäten als Jazzmusiker und Handwerker, die im Gegensatz zu in der bereits abgebrochenen Highschool geforderten geistigen Fähigkeiten überdurchschnittlich ausgeprägt sind. An dieser Stelle spiegelt sich gut die deutlich erkennbar moralische Grundaussage des Buches wieder, dass ein Mensch nicht nur auf eine auffällige Fähigkeit (egal ob positiver oder negativer Natur) reduziert werden soll, sondern das ein jeder vielfältige und gleichermaßen geschätzte Talente besitzt.

Während die Rekonstruktionen der Schüler zu Dereks Unglück fortschreiten, gerät Beccas Tarnung abermals in Gefahr, da sie sich im Fokus des Interesses von Sheriff Mathieson und immer verstärkter auch von Debbie befindet. Getrieben von Argwohn und Angst beschließt sie schließlich, erneut mit Seth’s Hilfe, in einem verlassenem Gasthaus unterzutauchen und die Schule nicht mehr zu besuchen. Nach mehreren Wochen des Ausharren in dieser verzwickten Lage kommt bei der jungen Flüchtigen allerdings wieder etwas Mut auf, so dass es ihr gelingt sich wenigstens exakt auf die Stunden bis hin zu Dereks Tragödie zu konzentrieren, wodurch sie eine Entdeckung gewinnt, welche zum definitiven Wendepunkt der Geschichte führt und wiederum einige Kapitel später in Begleitung des genesenden Derek, bei einer Veranstaltung von Seth Musikgruppe mit einem spannenden Cliffhanger endet…

… denn die Drei werden sicher schon bald erneut zusammenhalten müssen.

Wer Elizabeth Georges Werke kennt, wird auch gewiss ihre erste Jugendliteraturreihe mögen, da selbstverständlich ihr prägnanter Schreibstil einen ebenso zum weiter Lesen motiviert, wie man es von der Autorin bereits gewohnt ist und das Buch nicht nur für junge Interessierte einen Lesegenuss bietet, sondern auch ‘Erwachsene’ in seinen Bann ziehen kann, wovon die in sich stimmigen Beschreibungen der phantastisch, mystischen mit der Kriminalkomponente und allgemein die Handlung zeugen. Daher ist nicht nur ‘Sturmwarnung’ einen Blick wert, sondern auch die dazu schon veröffentlichte Fortsetzung ‘Wetterleuchten’.

Wertung: 4,5 /7 Schreibfedern
Zurück zur Übersicht
facebooktwittergoogle_pluslinkedinmail

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>