Autor: Andreas Franz
Titel: Unsichtbare Spuren
Verlag: Knaur
Erscheinungsdatum: September 2007
Seitenzahl: 462
ISBN-10: 3426635070
ISBN-13: 978-3426635070
Rezension:
Die Landschaft in Norddeutschland ist größtenteils flach. Das ist aber ungleich damit zu setzten, dass in diesen Gegenden alles sofort sichtbar ist – ganz im Gegenteil. So vermag es Andreas Franz in seinem auf einer wahren Begebenheit beruhenden Kriminalroman „Unsichtbare Spuren“ sehr plausibel, zahlreiche Leichen zu verstecken und erst durch die dem einen brutalen Mord an einer siebzehn Jahre alten Jugendlichen, Sabine, nachfolgenden Ereignisse kommt das erstmalig präsentierte Ermittlerteam rund um die Kieler Kommissare Sören Henning und Lisa Santos einem erschreckenden Sachverhalt auf die Spur.
Nachdem der für den Mord an Sabine verurteile Mann, Georg Nisse, in Haft Suizid begeht und trotz seiner Sexualstrafakte in seinem Abschiedsbrief erneut seine Unschuld beteuert, bricht derweil für den Ermittler Henning nach und nach eine Welt zusammen. Nicht nur, dass er sich vor seinen Kollegen verschließt, sondern auch seiner Familie gegenüber, wodurch letztendlich seine Ehe zerbricht, was wiederum dazu führt, dass er in einer heruntergekommenen Wohnung ohne Sozialkontakte haust.
Einzig Kommissarin Lisa Santos gelingt es durch die Entdeckung der Leiche einer jungen Frau namens Miriam, bei welcher sie durch die ähnliche Leichenablageart und den Fundort Parallelen zum Fall Sabine erkennt, sowie ihrem eleganten Durchsetzungsvermögen, ihren Kollegen aus der selbstgewählten Isolation heraus zu holen. Dieser war in den drei Jahren seiner Zurückgezogenheit damit beschäftigt, eine Auflistung aller Morde mit ähnlichen Merkmalen wie in der Akte Sabine zu erstellen, was den Beiden nun zu Gute kommt. Gemeinsam begeben sie sich folglich auf die Jagd nach einem Mehrfachmörder, welcher rund um Kiel sein Unwesen treibt.
Parallel dazu wird immer wieder die Sicht des in vielerlei nahezu klassischen Täters geschildert, der ‘zufällig’ zu den Ermittlungsfortschritten immer häufiger tötet und ein Spiel mit Sören Henning beginnt. Dem Ermittlerteam gelingt es am Schluss, jedoch nicht ohne einen finalen, dramatischen Höhepunkt, den für die Morde verantwortlichen Mann zu fassen und somit viele bis dahin ungeklärte Fälle zu lösen.
Andreas Franz schafft es in seinem ersten Buch um das Ermittlerteam aus Kiel meiner Meinung nach, ziemlich gut die gewundene Landschaft eines kranken Geistes darzustellen, wenngleich er eine große Anzahl an Klischees zu Serienmördern verarbeitet und bedient – so wuchs der Täter beispielsweise unter der Fuchtel einer überaus dominanten Mutter auf, die den seelisch schwachen Vater zu einem frühen Tod im Alkoholismus trieb und ihrem Sohn bis in die Handlungszeit des Romans unter einem rigiden Kontrollregiment führt. Auch ein Ausbruch durch eine Eheschließung gelingt diesem nicht, da sich seine Frau von der Mutter vereinnahmen lässt und sich, zur vom sozialen Wesen her kaum von der Mutter zu unterscheidenden, dominanten Figur wandelt. Nur im einzelgängerischen Schrauben an alten Kraftfahrzeugen findet er Ruhe vor der so empfundenen häuslichen Diktatur.
Auf der anderen Seite schreibt der Autor seinem Bösewicht auch ein herausragendes Merkmal zu: er hat sich nicht auf einen bestimmten Opfertypus spezialisiert, sondern greift ohne auffällige Vorlieben gleichermaßen auf männliche, wie weibliche Menschen zurück. Ebenso variiert er die Tatbegehungsmethoden, wodurch das hervorgehobene Zufallsprinzip zumindest aus literarischer Sicht positiv wirkt.
Ein mir so vorkommendes Manko an diesem Werk ist allerdings , dass offenbar die fehlende sprachliche Eleganz durch die vermehrte Schilderung von Brutalität kaschiert werden sollte. Im Vergleich zum letztendlich veröffentlichten Debütwerk „Jung, Blond, Tot“ ist die direkte Sprache der Figuren aber glücklicherweise nicht mehr komplett schnodderig und der Gesamteindruck des Textes deutlich runder. Gerade bei dieser Lektüre darf man die qualitative Entwicklung der schriftstellerischen Leistung nicht unbedingt außer Acht lassen.
Nicht zu Unrecht feierte daher der bereits 2011 verstorbene Andreas Franz mit seinen Geschichten auf dem deutschen Buchmarkt Erfolge, denn ihm gelang es wiederholt, Spannung in eine einfache und effektive Verpackung zu bringen, so dass zahlreiche unterschiedliche Menschen angesprochen werden können, ohne dass der jeweilige Leser sich auf eine komplexe Reise oder Wege durch fein ziselierte Wort-Wälder begeben muss. Was für eine kurzweilige Zerstreuung keine schlechte Voraussetzung ist.
Wertung: 4/7 Schreibfedern
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